An den Haaren herbeigezogen

Es ist wirklich kein Geheimnis mehr, dass Kreativität für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich ist. Doch was ist Kreativität anderes als eine Worthülse, in die jeder das hineinpackt, was ihm genehm ist? Die Psychologie tut sich mit der Erforschung der Kreativität jedenfalls schwer, zumal sie nicht leicht messbar ist. Wie aber will man sie dann fördern? Und wie ist es um die Kreativität in einer Stadt wie Mainz bestellt? Darauf geben Städterankings keine Antwort.
Man könnte alle Ausstellungen, Konzerte, kurz alle kulturellen Veranstaltungen und die in Mainz agierenden Künstler zusammenfassen auf die Einwohnerzahl umrechnen und das Ergebnis mit anderen Städten vergleichen. Dann hätte man zwar ein mathematisches Abbild des kulturellen Lebens, nicht aber der städtischen Kreativität.
Wie aber wäre es, die Kreativität dort zu packen, wo sie heutzutage die meisten Menschen am Werk zu sehen glauben, dort, wo Originalität mehr gefragt ist als anderswo: bei der Namensgebung? Schon Kindernamen sind zu einem Element elterlicher Selbstverwirklichung geworden, die nur noch an den Türen der deutschen Standesämter gestoppt werden kann, um zu vermeiden, dass Kinder Muffin, Riesling oder Ikea genannt werden.
Eine Möglichkeit bieten die Namen von Gewerbeneugründungen. In Mainz überwiegen, bis auf einige Ausnahmen wie »Was Ihr WOLLt« für ein Wollegeschäft oder »ergo sum« für ein Computerladen, Kombinationen aus Branchen- und Familienname wie »Knußmann-Öl« oder »Schweikert Bürosysteme«. Alles nicht besonders kreativ.
Größten Ehrgeiz bei der Namensgebung entfalten die Friseure. Und so lässt sich in Mainz sogleich ein Friseursalon namens »Creative« finden. Nomen est Omen, möchte man da sagen. Auch einen mit Namen »Modern Art«. Ein klarer Bezug! Manche geben sich bodenständig wie der »Friseursalon Wuschelkopf«, andere verweisen auf gesellschaftliche Trends wie »Ankes Haarmobil«. Viele aber lechzen nach Internationalität. So spiegeln Namen wie »Arens intercoiffeur« oder »La Paillote« den französischen Chic der Haute Coiffure wider. Dominierend sind anglofone Namen wie »Hair Control«, »In Cut« oder »Elegance Style«. Raum für Wortspielereien bieten Komposita wie »Haarscharf«, »Haarspalterei«, »Haarkiller«, aber auch »Fön-X« und »Haarmonie«.
Alles in allem sind die Mainzer Friseure hier recht kreativ. Im Vergleich mit anderen Städten belegen sie aber eher das Mittelfeld. Bei Namen wie »Hin & Hair«, »Scher-Holder« oder »Kaiserschnitt - Wir holen das Beste aus Ihnen heraus« können sie einfach noch nicht mithalten. Gilt das auch für die Kreativität in Mainz? Falls ja, dann müssen sich die Damen und Herren Stylisten noch etwas anstrengen, damit Mainz auch hier bald an der Spitze steht. 

3 Kommentare:

  1. Scher-Holder ist schon ganz schön an den Haaren herbeigezogen.
    Wie wärs mit 'Cut der guten Hoffnung' ?

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  2. Ein Lob auf die Kreativität!

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