Hirnwindungen


»Alles hängt mit allem zusammen«, bekommt man immer häufiger zu hören, wenn es um die Erklärung komplexer Zusammenhänge geht. Demnach müsste der von einem Baum herab fallende Apfel in L.A. mit der Geburt eines Vogels in Berlin oder dem Abschneiden einer Partei bei der Parlamentswahl in Kuala Lumpur in einer mehr oder weniger engen Verbindung stehen.
Alles Quatsch, entgegnet da mein gesunder Menschenverstand, denn wenn dies stimmte, dann müsste, wie jüngst ein Nachbar meinte, zwischen der Zunahme der gepflegten Baumbeete etwa entlang der Frauenlob- oder der Kurfürstenstraße und dem Anstieg der Anzeigen wegen nächtlicher Ruhestörung in der Mainzer Neustadt ein Zusammenhang bestehen!
Was aber haben die fleißigen Baumbeetpaten und - patinen, die unser geliebtes Stadtviertel mit Saatgut und Beetpflanzen gottlob aufblühen lassen, mit nächtlichen Störenfrieden zu tun? - Nichts. Rein gar nichts. Naja, der ein oder die andere wird des Nachts vielleicht einmal herumkrakeelt haben. Das war es dann aber schon.
Betrachten wir das Phänomen von einer anderen Seite: Es könnte doch sein, dass die nächtlichen Störungen de facto gar nicht angestiegen sind, sondern lediglich die Bereitschaft, sie zur Anzeige zu bringen. Dann sähe die Sache etwas anders aus. Aber seien wir realistisch, bei der geringen Anzahl an Baumbeetpaten gegenüber der zunehmenden Anzeigenmenge müsste jeder Pate mehrere Anzeigen pro Nacht erstatten und das zu verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Gebieten, oder zur gleichen Zeit in unterschiedlichen Gebieten, was unmöglich wäre. Es sei denn, es handele sich um Hexerei. Also ist auch diese Verbindung blödsinnig. Wie aber hängt das alles dennoch zusammen? Mein Nachbar ist schließlich kein Blödmann!
Es ist besonders augenfällig, dass man die neuen Beete fast immer in der Nähe von Gaststätten findet, und das seit etwa mehr als einem Jahr, genauer gesagt, seit der Einführung des Rauchverbots. Jetzt müsste es klingeln. Die Raucher haben nicht immer das Gebot der Nachtruhe im Sinn, wenn sie sich zum Rauchen - meist in Rudeln und mehr oder minder alkoholisiert - vor die Kneipen begeben. Das kann des Öfteren zu erheblicher Lärmbelästigung führen und nicht selten zu einer Anzeige. Wenn dann noch Baumbeete in der Nähe sind, ist auch das Problem der Kippenbeseitigung gelöst. Je nach Etablissement fungieren sie dann als große Aschenbecher oder als Hemmnis, wenn sich die rauchenden Gäste scheuen, sie durch ihre Kippen zu verschandeln.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen