Milchmädchenrechnung

Ich muss es offen aussprechen: Wie jeder Banker, Unternehmer, Politiker und überhaupt fast jeder, der mindestens ein Bankkonto besitzt und eine Versicherung abgeschlossen hat, hänge ich an Zahlen. Zahlen sind in einer immer komplexer werdenden Welt oft das Einzige, was Orientierung verspricht. Sie stellen etwas Stabiles dar, etwas, was Sicherheit vermittelt. Man spürt es schon im Umgang mit ihnen, etwa bei den Grundrechenarten. Hier gibt es immer nur eine richtige Lösung, ganz im Gegensatz zu den meisten Entscheidungen, die man tagtäglich treffen muss.
Das ist aber nicht der einzige Grund, warum ich eine Schwäche für Zahlen habe. Viel wichtiger ist, dass man mit ihnen spielen kann, dass sie unsere Fantasie anregen. Umfragen, Bilanzen, Statistiken sind doch nichts anderes als mehr oder weniger großartige paradoxe Spielereien. Es sind Zahlen aus der Vergangenheit, mit denen man spielt, um Voraussagen über künftige Ereignisse zu treffen, die so - wie vorausgesagt - aber nie eintreten können, weil die Voraussagen natürlich Verhaltensänderungen anschieben. Unsere Fantasien können sich an einigen wenigen Zahlen entzünden, die Rückschlüsse auf das Ganze zulassen. Nehmen wir z. B. die Zahl 684. So viele Geldspielautomaten in Spielhallen kommen nämlich auf 100.000 Rheinland-Pfälzer, auf einen Automaten also ca. 147. Rheinland Pfalz nimmt damit einen einsamen Spitzenplatz ein. Zwei Vergleichszahlen: In Hessen kommen 535 auf einen Automaten, in Berlin gar 963.
Das sind Zahlen, mit denen man wunderbar jonglieren kann, etwa indem man das Wesen des Rheinland-Pfälzers zu ergründen sucht. - Man bedenke, dass nur wenige Tintenspritzer, das Badewasser einfärben können. -  Zum Beispiel: Jeder weiß, dass am Spielautomat nicht wirklich etwas zu gewinnen ist, was dem Leben eine neue Richtung verleiht, wie beim Lottospiel oder auch im Kasino. Dem Rheinland Pfälzer genügt demnach das kleine Glück. Er baut keine traumhaften Luftschlösser. Er flieht aber dennoch vor der Realität. Denn vor dem Geldspielautomaten zählen weder Bildung, noch der Name, noch die Position. Vor dem Zufall sind alle gleich. In der Spielhalle gibt es auch keinen entscheidenden großen Kampf, der alles zum Guten wenden kann. Es gibt kein Ende. Hier fängt jeder immer wieder von vorne an. Auf den Rheinland-Pfälzer gewendet, kann man sagen: Der Weg ist sein Ziel. So kann man beliebig weiterspinnen. Man kann sagen, dass den Rheinland-Pfälzer dabei nichts aus der Ruhe bringt, - wie den Spieler, der in absoluter Anspannung und Aufmerksamkeit im Spiel aufgeht usw. usw.
Übrigens für die, die es nicht bemerkt haben, die Zahl 684 ist natürlich erfunden. Es kommen nur halb so viele Spielautomaten auf 100.000 Rheinland-Pfälzer. Immerhin noch genug, um den Spitzenplatz zu behaupten. Das ist denn auch der dritte Grund, warum ich mich für Zahlen begeistere: Man kann mit ihnen wunderbar lügen. 

Mainzer Pioniergeist. Eine verquere Betrachtung des Brandzentrums

Die Mainzer sind, das muss man bei näherer Betrachtung immer wieder feststellen, nicht nur ein äußerst feierlustiges, sondern auch ein ausgefuchstes Völkchen. Entgegen der herkömmlichen Meinung, welche die Mainzer als provinziell oder gar rückständig herabwürdigt, sind sie ihrer Zeit oft weit voraus. Der Fremde erkennt das nicht auf den ersten Blick. Wie auch, wenn ihm der Sinn dafür abgeht? Er versteht das nicht. Er kann damit nichts anfangen, zunächst nicht, - weil er allzu sehr in der Gegenwart gefangen ist. Man denke etwa an die Mainzer Republik - das erste auf bürgerlich-demokratischen Grundsätzen beruhende Staatswesen auf deutschem Boden - und die Reaktion der Preußen und der hessischen Nachbarn darauf. Von so prominenten Mainzern wie Rhabanus Maurus oder Johannes Gutenberg gar nicht zu reden. 
Aber man braucht gar nicht so weit zurückzugehen. Wer sind denn die eigentlichen Vorreiter der Fast-Food- und Coffetogo-Kultur? - Natürlich die Mainzer. Denn was ist die Mainzer Brezel, die man schon immer gerne auf der Straße im Vorbeigehen verspeist, anderes als die Vorform des Hot-Dogs und des Hamburgers.

Auch in der Architektur sind die Mainzer Pioniere. Sinnfälliges Beispiel ist der Dom - und auch der Brand. Denn gerade der Brand stellt in der Zeit seiner Errichtung in den frühen 1970er Jahren etwas völlig Neues dar, das man erst seit einigen wenigen Jahren zu würdigen in der Lage ist.
Die Abänderung des Entwurfs des dänischen Architekten Arne Jacobson durch den Mainzer Architekten Heinz Lautbach kann man zunächst einmal als eine Abkehr von den formalen Experimenten öffentlicher Bauten der 1960er und 1970er Jahre hin zu einer pragmatischen Haltung deuten, die weitgehend von den Bedürfnissen der Marktwirtschaft bestimmt wird und das Primat des Ökonomischen der kommenden Jahre vorwegnimmt. Dementsprechend reiht sich ein Ladengeschäft an das andere. Das ist auch nach den Umbaumaßnahmen der letzten Jahre so geblieben, die sich an dem Konzept der 1970er Jahre orientieren.
Das gesamte Brandzentrum besitzt noch immer - was in den 1970 Jahren hipp und chic war - den Charme einer überirdischen U-Bahnstation mit angegliederten Geschäften, auch wenn es sich jetzt zum Rathausplatz optisch ausweitet. Außer einem Eiscafé und insgesamt neun Metallbänken auf dem zentralen Platz - fünf um die drei Wasserbecken, die man Brunnen schimpft und doch nichts anderes als vergessene Pferde- und Hundetränken sind und vier um den Lebensbaum aus Donaukalk, der mitten in einem wie bei einer Begräbnisstätte eingefassten Blumenbeet steht - gibt es keine Kommunikationsmöglichkeiten und Ruhezonen. Hierzu kann man vielleicht auch noch das doppelgrabgroße Karree mit den drei in Beton eingelassenen Federwippen und das dazugehörige buntgestreifte Zweimeterhäuschen zählen.
Ansonsten ist nach wie vor alles auf Einkauf und Verkauf ausgerichtet. Hier wird nicht wie vielerorts gejoggt, geskatet, gewalkt oder gebruncht. Auch Flash- und Smartmobs, bei denen sich viele Menschen zu absonderlichen Kurzaktionen verabreden, finden hier nicht statt. Obwohl das Brandzentrum außerhalb der Geschäftsöffnungszeiten nahezu menschenleer ist, dient es auch da nicht, wie man es bei niedrig frequentierten überdimensionierten Zweckbauten vermuten könnte, als Übungsplatz für das so genannte Parcouring, einer Sportart, bei der alle möglichen Hindernisse wie Bänke, Mülltonnen, Mauern, Schluchten übersprungen oder überklettert werden. Hier findet man keine Graffitis, keine Street-Art und kein Guerilla-Gardening, wo betonierte und gepflasterte Straßenränder in kleine Blumenbeete verwandelt werden.
Kurzum: Das Brandzentrum ist noch immer kein Ort des öffentlichen Lebens. Das aber nimmt der Mainzer im Großen und Ganzen gar nicht als störend wahr. Denn der burgähnliche Komplex mit den stark gefalteten Fassaden und den terrassenförmigen Etagen erfüllt für ihn eine ganz andere, viel wichtigere Funktion, worin der Mainzer Pioniergeist eigentlich erst richtig zum Ausdruck kommt: Im Zuge der Globalisierung ist es mittlerweile fast gleichgültig, ob man sich in Mannheim, Dortmund oder Köln befindet. Überall findet man McDonalds, Starbucks, H&M und Co. Die Einkaufsstraßen der westlichen Städte sind voll mit internationalen Ladenketten, sie sind zu einem austauschbaren Bild geworden. Das Brandzentrum nun verhindert diese zunehmende Angleichung des Mainzer Stadtbildes, mit denen anderer Städte und den Verlust der ortsspezifischen Charakteristika, indem es diese Ladenketten innerhalb seiner mit graugrünem Quarzitschiffer verkleideten Mauern wie in einem mittelalterlichen Ghetto zusammenpfercht. Es wäre nur noch zu hoffen, dass auch die unterirdischen Parkdecks des Brandzentrums zu solcher Art Ghettoisierung umfunktioniert werden würden. 

Abdruck in: Mainzer Vierteljahreshefte für Kultur, Politik, Wirtschaft und Geschichte 3/11, S. 5ff. www.mainz-hefte.de 

Was ist nur mit unseren Politikern los?


Wissen Sie eigentlich, was Spitzenpolitiker wirklich denken, und was sie sagen, wenn kein Journalist, keine Kamera und kein Mikrophon in der Nähe ist? Oder wenn sie sich unerkannt glauben? - Nein? Offen gestanden, ich auch nicht. Meine Erfahrung mit dem geheimen Gedankenhaushalt eines Politikers beschränkt sich lediglich auf ein paar wenige Lokal- und eins, zwei unbedeutende Landespolitiker. Aber auch das kann manchmal sehr aufschlussreich sein:
© Christian Kohl
Nehmen wir zum Beispiel diesen jungen Landtagsabgeordneten - sein Name soll hier ungenannt bleiben -, der letzten Samstag beim Mainzer Marktfrühstück vor mir in der Schlange am Kaffeewagen stand. Er wirkte kompetent, zumindest verstand er es, sein Jackett in den wenigen Minuten, die er vor mir stand, mehrmals dezent auf- und zuknöpfen.
Ich begann mich gerade äußerst lebhaft mit einer Freundin über den möglichen Kauf eines Bauernhauses im Rheinhessischen zu unterhalten, als er sich lächelnd umdrehte und rundheraus erklärte, dass auch er und seine Frau sich vor einiger Zeit überlegt hätten, ob sie sich ein Haus auf dem Lande kaufen sollten. Sie hätten sich aber dagegen entschieden. In der langatmigen, wortreichen Sprache eines Politikers zitierte er daraufhin eine Studie, wonach sich die medizinische Versorgung auf dem Lande in den nächsten zwanzig bis dreißig Jahren enorm verschlechtern würde.
Ich wollte schon entgegnen, dass dies doch nicht unbedingt der Fall sein müsse, dass die Politik dem ja entgegensteuern könne. Doch dann kam schon der Gedankensprung: »Das hat natürlich auch Konsequenzen auf die Immobilienpreise«, sagte er  und nahm seinen Latte macchiato in Empfang. »Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich jetzt ein Haus für fünfhunderttausend, und in fünfzehn Jahren, wenn sie es abbezahlt haben, ist es nur noch die Hälfte wert. - Das wollten wir nicht!«
Nun ist Politiker-Bashing eigentlich so gar nicht meine Sache. Doch ich frage mich noch heute, ob ein Politiker, auch ein Landespolitiker, überhaupt so argumentieren darf? Macht er sich damit denn nicht selbst überflüssig? Wo bleibt der Gestaltungswille, der den Politiker, wie ich bisher dachte, gerade ausmacht, wenn alles dem Markt, dem Schicksal oder wem auch immer überlassen bleibt? Der menschlichen Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt. Es ist doch immer wieder erstaunlich, wie viele Produkte der Mensch aus Milch herzustellen versteht, oder was er mit 26 oder 30 Buchstaben auszudrücken in der Lage ist…
Fühlt sich der einzelne Abgeordnete aufgrund der vielfältigen Zwänge von Fraktionen und Parteiapparaten, wie eine andere Studie besagt, vielleicht einfach machtlos, um für die Interessen seiner Wähler einzustehen? Dann muss man sich als Wahlbürger aber leider fragen, wozu man ihm denn seine Stimme gegeben hat. 

Und es bewegt sich doch!

Eine Stadt lebt von Bewegung. Man könnte auch sagen, Bewegung ist ihr Leben. Das ist bei Menschen, die einen wesentlichen Teil dessen ausmachen, was wir Stadt nennen, auch nicht anders. In einer Erzählung von Joseph Conrad wird der an Tuberkulose erkrankte Titelheld James Wait auf einer Schiffsfahrt von Bombay nach London gefragt, warum er die Reise trotz seiner Krankheit angetreten habe. Woraufhin er antwortet: »Ich muss leben, bis ich sterbe - oder nicht?« Eine triviale und dennoch außergewöhnliche Antwort, die seine Reise mit seinem Leben gleichsetzt, eine Offenlegung der Motive aber schuldig bleibt. 

Die Gründe, warum wir uns in Bewegung setzen und nicht in Trägheit verharren, sind sehr vielfältig und abhängig von unseren jeweiligen Bedürfnissen, allen voran den Grundbedürfnissen. Eine wichtige Rolle spielt das Geld. Wobei zu viel davon, was der Neoliberalismus mit Bedacht verschweigt, wiederum träge macht. Linda Evangelista, eines der bestbezahlten Fotomodelle der 1990er Jahre, sagte einmal: »Für unter 10.000 Dollar am Tag, stehen wir gar nicht erst auf.« 

©  Christian Kohl
Die betuchten Trägen bewegen sich nur, wenn es nicht mehr zu vermeiden ist, und wenn es an ihre Pfründe geht, auf die sie ein natürliches Anrecht zu haben glauben. Das gilt auch bei jeder Art von staatlicher Alimentierung, was man im Zuge von Sparmaßnahmen immer wieder beobachten kann. Nehmen wir die Spar-Diskussion um das Mainzer Staatstheater: Jetzt endlich verlassen auch die trägen Theaterleute ihre ummauerte Festung, um Verbündete im Kampf gegen den Rotstift zu suchen und ganz nebenbei, weil es gerade nützlich ist, auf hohem Ross den Untergang der Kultur zu beklagen.
Wie lange haben wir darauf gewartet, auch wenn sie mit einer Affenliebe an überkommenen feudalen Strukturen festzuhalten versuchen! Dachten wir doch schon, das hohe Haus scheue den Umgang mit uns Mainzer Bürgern. Wir seien ihnen nicht gut genug. Wie viele Mainzer Schauspieler, Regisseure und Autoren müssen ihr Brot in fremden Landen verdienen, anstatt in ihrer Heimat zu brillieren! Wie viele Mainzer haben schon damit begonnen, das Theater als Fremdkörper im kulturellen Leben der Stadt zu betrachten und sich seine Öffnung zu wünschen! Denkbar wären Kooperationen mit den unzähligen und unterschiedlichsten Kulturprojekten, die ein Kellerdasein fristen, - und zwar nicht, weil es ihnen an Qualität, sondern an finanziellen Mitteln mangelt. Oder eine Nacht des Theaters mit Spielstätten überall in der Stadt… 

Aber damit sich in Mainz noch mehr bewegt, wäre es an langsam an der Zeit, sich auch die Palliativrhetoriker in Politik und Wirtschaft vorzunehmen und gegen die selbst verordneten Diäten, die fetten Unternehmergewinne, die saftigen Abfindungen von ausscheidenden Vorstandsmitgliedern und die Ämterhäufung anzugehen.


Mainzer Wohlfühlkompetenz

Wer in diesem Frühling des Öfteren kurz nach Sonnenaufgang am Viktor-Hugo-Ufer entlang spaziert, kennt die zehn bis fünfzehn weiß gewandten Männer und Frauen mittleren Alters schon, die dort fast täglich, mit ebenso weißen Baseballschlägern oder anderen keulenartigen Gerätschaften bewaffnet, scheinbar regungslos um einen Haufen Pappkartons in allen Größen und Formen zusammenstehen. Er wundert sich auch nicht mehr, wenn dieses Grüppchen, das in dieser frühen Morgenstunde von weitem ein wenig an die Elfen Tolkiens erinnert, plötzlich damit beginnt, auf die leeren Pappkartons einzuprügeln, bis diese ganz platt sind und dabei »Stärke deinen Morgen!« zu murmeln.
Das, was hier wie eine esoterische Zeremonie oder asiatische Kampfsportart daher kommt, ist nichts anderes als »Container Bashing«, ein neuer Wellnesstrend, der an den Stränden Südkaliforniens entwickelt wurde, damit kleinere und mittlere Angestellte im Dienstleistungsbereich ihr Aggressionspotential neutralisieren und so im Job tausendprozentig funktionieren können. »Container Bashing« soll vor allem dem Burnout-Syndrom vorbeugen, indem es die aggressiven Impulse etwa im Umgang mit ungebührlichen Kunden, aber auch mit fordernden Vorgesetzten nach außen ableitet, ohne dass sie sich nach innen richten können und man sich selbst beschädigt. Das ermöglicht dem Einzelnen, neue Energie aufzutanken.
©  Christian Kohl
Ähnlich wirken auch die so genannten Kuschelpartys, bei denen sich einander fremde Menschen treffen, um für zwanzig Euro in ruhiger und angenehmer Atmosphäre bekleidet miteinander zu kuscheln. Wobei hier allerdings das entspannende Moment im Vordergrund steht.
Blickt man aber in die Gesichter sowohl der Kuschler als auch der Container-Schläger, dann muss man feststellen, dass sie nicht besonders glücklich wirken. Sie strahlen wie fast alle, die sich neuen Wellnesstrends verschrieben haben, eher so etwas wie luxuriöse Leblosigkeit aus. Es ist wie mit Menschen, die sich für sportlich halten, weil sie im Trainingsanzug die Sportschau gucken. Statt Kartons einzuschlagen und sich mit Aloe-Vera-Keksen vollzustopfen, sollten sie sich doch eher auf das Mainzer Wesen zurückbesinnen, wenn es ihnen »bis zum Kracheknebbchen (Kragenknöpfchen) steht« und in ebendieser Sprache »die Sterne vom Himmel runterschenne«. Für jede Lebenssituation gibt es unnachahmliche Mainzer Wörter und Sprüche etwa, wenn der Chef den Lohn kürzen will, um am Markt bestehen zu können: »Sie babbele e Blech zusamme, ei merr hört’s jo schunn klimpern«. Adressatengerichtetes Schimpfen - und gerade auf Määnzerisch - löst innere Spannungen, baut Aggressionen ab, beugt psychosomatische Krankheiten vor und erhöht nicht zuletzt das Selbstwertgefühl, alles Dinge, die uns Wellness verspricht. 


Abdruck in: Lokale Zeitung Mainz Mai 2011. www.lokalestadtausgabe.de

Ich bin dann mal still

Was wäre, wenn Sie und alle anderen Leser die Lektüre dieser Kolumne nach dem ersten Satz beenden würden? Dann hätte ich natürlich ein Problem. Denn dann hätte ich die Kolumne umsonst geschrieben. Das zeigt wie wichtig Aufmerksamkeit ist.
Die Aufmerksamkeit des anderen zu gewinnen, gehört wohl wie Essen und Trinken zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Wir halten es einfach nicht aus, keine Rolle im Seelenleben der anderen zu spielen. Ja, wir nehmen sogar bleibenden Schaden, wenn wir kein Mindestmaß an Zuwendung beziehen. Aufmerksamkeit ist heute allerdings - angesichts der Informationsfülle und Reizüberflutung - eine äußerst knappe Ressource, um die ein regelrechter Kampf entstanden ist. Alles will und muss auffallen: das Produkt, der Politiker, die Nachricht, der Film, die Show, die Stadt … ja, auch wir selbst. Früher konnte man das noch durch ein außergewöhnliches Outfit erwirken, heute aber, wo alles Ausgefallene sofort zur Mode wird, funktioniert das nicht mehr. An dessen Stelle ist das Dampfgeplauder also das inhaltslose, oftmals widersinnige Geschwätz getreten, das mit vokalreichen, meist englischen Begriffen wie »Performance«, »Rebranding«, »Meeting« - um nur die gängigsten zu erwähnen - angereichert wird. Das ist zwar alles nicht neu, denn unsere Sprache ist gespickt mit substanzlosen Lehnwörtern und inhaltsleeren Wortneuschöpfungen, die das Mittelmaß und die mangelnde Kompetenz des Redners kaschieren sollen. Doch neu muss es sich anhören, und wichtig, so als ob man die Welt gerade selbst erschaffen hätte. Worte sind heute des Kaisers neue Kleider. Sätze wie »Sorry, ich hab gleich ein Date« werden mit einer solchen Vehemenz und papageienhaften Penetranz vorgetragen, dass wir gar nicht umhinkommen, den Redner für eine unabkömmliche und beliebte Persönlichkeit zu halten. Wir lassen solches Geplapper unhinterfragt über uns ergehen, sind beeindruckt und werden dabei selbst angesteckt. So hörte ich mich neulich wie ferngesteuert plappern: »Das finde ich irgendwie klasse, aber auch ziemlich strange.« Hauptsache irgendetwas gebabbelt, möchte man da sagen. Denn der Satz bedeutet eigentlich nichts und ist nichts als heiße Luft. Es war lediglich der Versuch, eine als unangenehm empfundene Redepause abzuwenden und mich in den Vordergrund zu drängen.
Kurzum: Wir hören nicht mehr zu. Wir denken nicht mehr nach. Und trachten nur noch danach uns selbst zu »verkaufen«. Vielleicht auch, weil wir es müssen. Man könnte ja die Fastenzeit zum Anlass nehmen, um sich hin und wieder mal in Schweigen zu üben. Das andere ergibt sich daraus sicherlich. - Ich bin dann mal still! 

Gewohnheitsblind

Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Daran gibt es nichts zu rütteln. Dies gilt im Besonderen, wenn es um unseren Alltag geht. Viele, wahrscheinlich die meisten, unserer Handgriffe sind so routiniert, dass sie ausgeführt werden, ohne dass wir großartig darüber nachdenken müssen. Erst wenn etwas den gewohnten Ablauf behindert, fällt uns auf, dass wir mechanisch gehandelt haben. – Lassen Sie sich doch mal bei morgendlichen Tätigkeiten wie dem Toilettengang, der Zeitungslek-türe oder dem Eierköpfen stören. Der ganze Tag gerät aus den Fugen.

                  © Christian Kohl
Gewohnheiten und Rituale scheinen ein stabilisierender Faktor für die Psyche zu sein. Sie helfen uns, uns im Leben zurecht zu finden, schleusen uns durch den Alltag, dienen der Angstabwehr und sorgen für Halt und Struktur. Sicher wirken sie auch lebensverlängernd. Nicht umsonst ver-suchen wir liebgewordene Gewohnheiten durch neue zu ersetzen, wenn wir sie aufgeben müssen. Das treibt manchmal seltsame Blüten, die uns bei anderen häufig zwanghaft erscheinen, und es vielleicht auch sind. Etwa wenn der andere zuhause angekommen sofort den Computer hochfährt, um seine Mails zu checken, oder den Anrufbeantworter abhört. Da wäre z. B. auch der ständige Blick auf das Handy, womit der Mangel an sozialen Beziehungen kompensiert und eine gewisse innere Unruhe zum Ausdruck gebracht wird. Oder die Konsultation von Horoskopen und Wahrsagern bei jeder, auch der unbedeutendsten Entscheidung. Das können wir alles irgendwie nachvollziehen, hängt es doch mit dem Bemühen nach Sicherheit und Halt in einer unruhigen schnelllebigen Zeit zusammen. Außerdem gewöhnen wir uns ganz schnell auch an unvernünftige Dinge und nehmen sie als normal hin, wenn sie nur von genug Artgenossen praktiziert werden.
Wie ist das aber mit Gewohnheiten und Ritualen, die nur von wenigen oder einer bestimmten Gruppe von Menschen ausgeübt werden? Nehmen wir die Installateure. Wie in schamanistischen Ritualen stehen sie bei der alljährlichen Wartung mit maskenhaftem Gesicht beschwörend vor der Gastherme, schrauben sie auf und schrauben sie wieder zu, wobei sie kopfschüttelnd und lautmalend kein gutes Haar an ihren Vorgängern lassen. Nun, auch das nehmen wir als normal hin, auch wenn wir etwas irritiert daneben stehen. Und die Rituale bei Politikern? Etwa am Wahlabend? – Auch das ist eine altgewohnte und daher für uns normale Prozedur. Obwohl gerade dieser formelhaft heruntergebetet kleine Satz »Wir haben einen guten Wahlkampf geführt!« uns eigentlich immer wieder stutzig machen müsste. Denn sollte es nicht um gute Regierungs- oder Oppositionsarbeit gehen? Fußballer sagen ja auch nicht »Wir haben uns schön die Haare gekämmt«, bevor sie sich ans Spiel machen. 

Pawlowscher Hund


 Mittlerweile weiß jeder, dass Geräusche, die mit technische Neuerungen gleich welcher Art verbunden sind, unser Denken und Verhalten beeinflussen, auch wenn sie schon lange verstummt sind. Sie kennen das: Ganz plötzlich hält der Vorder- oder Nebenmann im Bus oder Büro, auf der Straße oder in der Kneipe mitten in seiner Bewegung inne – oder in einem Gespräch, das er gerade führt, –  und spitzt die Ohren, als habe er die Engel im Himmel singen hören, obwohl nichts dergleichen zu vernehmen ist. Eine Zehntelsekunde später fängt er aus ebenso unerfindlichen Gründen an zu zucken, als sei ein Dämon in ihn hineingefahren, und hektisch, ja verzweifelt seinen Körper abzuklopfen. Frauen tun so, als horchten sie an ihren Handtaschen, bevor sie diese wie wild geworden durchwühlen. Manchmal werden diese Suchbewegungen mit Ausrufen wie »War da nicht was?« oder »Seid mal kurz still!« begleitet. Aber da war nichts, außer der alltäglichen Hintergrundgeräusche. Der kontrollierte Blick des Nebenmannes auf sein Handy, das er nun endlich hervorgekramt hat, macht es deutlich: alles nur Einbildung.
Phantomklingeln nennt man dieses Phänomen, das sich mit der Einführung des Mobiltelefons immer weiter ausbreitet. Man hört sein Telefon, obwohl es gar nicht klingelt. Es rührt daher, dass wir in unserer Wahrnehmung wie ein Pawlowscher Hund auf unseren Klingelton geeicht sind. Besonders in angespannten Situationen, wenn wir eine Nachricht oder einen Anruf erwarten, hören wir aus der Geräuschkulisse, die uns gerade umgibt, aus dem Brummen und Summen, dem Fiepen und Piepen, den Werbe-Jingels, Sound-Logos und dem Wohlfühlgedudel das heraus, was unserem Klingelton annähernd entspricht.
Eine ähnliche Art von Gehör-halluzination ist der Ohrwurm. Die Amerikaner sprechen von »Klebeliedern«, die Franzosen von »Ohrbohrern«. Gemeint sind Lieder, die in den unpassendsten Momenten in unserem Kopf auftauchen und sich für mehrere Stunden in unser Gehirn schrauben. Auch hier reicht oft schon ein einziger Ton, um die ganze Melodie in unserem Kopf entstehen zu lassen, so als ob sie gerade irgendwo in einem Radio spiele.
Akustische Halluzinationen gibt es aber auch auf einem ganz anderen Gebiet, was den Einfluss der Geräusche auf unser Denken und Handeln besonders verdeutlich. Nehmen wir an, Sie fahren täglich mit der Straßenbahn vom Hauptbahnhof zum Gautor und bei jedem Halt wird die aktuelle Haltestelle ausgerufen. »Schillerplatz-Juwelier Willenberg« hören Sie es dann jeden Tag gleich zwei Mal aus den Lautsprechern tönen. Da ist es doch kein Wunder, dass Sie jedes Mal dann, wenn Sie sich am Schillerplatz verabreden, oder wenn vom Schillerplatz die Rede ist »Juwelier Willenberg« mithalluzinieren. Das Gleiche gilt für »Münsterplatz - Kinderladen«, »Fischtor - Identity AG« oder wie die Haltestellen seit neustem alle heißen …

Mainz: Das rote Sofa, Joseph Trattner on Tour mit Hubert Neumann



Eine Stadt vom roten Sofa aus gesehen: Perspektivwechsel, skurrile Plätze und eigentümliche Begegnungen mit der Stadt und seinen Menschen.




Das verspricht ein Kunst-Happening, wenn der Wiener Künstler Josef Trattner mit seinem großen Schaumstoff-Quader anreist. In Mainz war unser Kolumnist und Autor Hubert Neumann mit von der Partie. Dessen Roman „Lusthängen" sorgte 2008 für Aufsehen und schaffte es in die Bestsellerlisten.



Vom Schaumstoff-Sofa, das später aussieht wie nachträglich hereinkopiert, ist Josef Trattner schon vor den Fotoshootings begeistert. „Denn es wirkt perfekt künstlich in seiner klaren Form", weiß er aus den Erfahrungen einiger solcher Städtetouren der Vergangenheit. Gemeinsam mit Autor Hubert Neumann trägt er das leichte und knuffige Sitz-Modell an die richtige Position im Container-Hafen, der ersten Station der städtischen Rundreise. Die richtige Position? Trattner steuert auf die Kaimauer zu und baut das Sofa direkt am äußersten Rand auf, Neumann hat keine Chance. Nur wenige Zentimeter Schaumstoff trennen ihn vom kalten Rheinwasser, etwa sechs Meter tiefer hinten unten. Doch es sitzt sich gut. Das Vertrauen in das Sofa spiegelt sich in den ersten Gesprächen mit Trattner wieder. Der plaudert mit charmantem wienerischen Einschlag von der Liebe zu seinem Material: dem Schaumstoff. Denn daraus schafft er große Gebilde und sorgt allenthalben für Verwirrung: Was soll zum Beispiel dieses Sofa, das so gar nicht hier hingehört? Darf ich Platz nehmen, es anfassen? Das Publikum, also zufällige Passanten, betrachten die „Sitzgewohnheiten" des 1955 in Wien geborenen Bildhauers argwöhnisch, belustigt und auch interessiert. So auch in Mainz. Ob in der Nähe des Bahnhofs, auf dem Rathausplateau, am Brandt oder dem Domplatz.


Perspektivwechsel. Manchmal sitzen Trattner und Neumann auf dem Sofa, dann wieder erzeugt ein darauf gestellter Spiegel für fantastische Variationen des Blickwinkels für den Betrachter. Spannend sind die Momente, wenn das Sofa abgestellt und „allein" gelassen wird. Ich finde die Frage spannend, was damit passiert: Wird darauf geliebt, gekifft oder diskutiert?", entfährt es dem Wiener, denn die Beteiligung von Passanten an der Skulptur ist erklärtes Ziel, erst dann findet der gewünschte Austausch und Aktion statt, wird die Skulptur zum abgeschlossenen Kunstwerk. Und hier wird Trattners nächstes Talent erlebbar: Seine kommunikative Ader und Entertain-Qualität. Drei junge Frauen lassen sich auf seine Anfrage auf das Experiment ein und auf das Sofa nieder. Es tut gar nicht weh. Nur das Geklicke der Fotokameras irritiert sie zunehmend. So im Fokus nehmen sie bald Reißaus.

Stadtschreiber Josef Haslinger vermittelte die Stadttour in Mainz. Eine Foto-Dokumentation des Happenings ist in der Galerie Mainzer Kunst zu sehen. Wer das Sofa on Tour zwischen Rathausdach und Stadion sehen möchte, sollte die visuelle Anregung auf dieser Seite als Vorgeschmack auf eine intensive Bilderreise in der Galerie nehmen.

Und Hubert Neumann? Der genoss schmunzelnd das „bewegte Sofaleben", die An- und Einsichten in Mainz. Als oft fotografiertes „Objekt der Begierde" tat er sich nicht immer leicht, da fehlte dann doch die Geduld und die Lust an der Extrovertiertheit mit der Person und nicht der Sprache im Mittelpunkt zu stehen. Kein wirkliches Dilemma. (Thomas Höpfner, Lokale Zeitung Mainz – www.lokalestadtausgabe.de)

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne ...


Mit Volksweisheiten ist das so eine Sache, wie man immer wieder feststellen muss. Mal treffen sie zu, mal wiederum nicht, obwohl sie in Zeiten des Wandels fortwährend als Orientierungshilfen angepriesen werden. 
Betrachten wir uns aus gegebenem Anlass einmal das Sprichwort »Aller Anfang ist schwer!« und gehen zurück zu den ersten Tagen des neuen Jahres. Wer in dieser vorsatzschwangeren Zeit in den Morgen- und Abendstunden am Rhein entlang flaniert, kann dort trotz Schnee und Eiseskälte fast mehr Laufbegeisterte als im Sommer sehen. Umgekehrt verhält es sich in den Fastfoodrestaurants: eine gähnende Leere allüberall. Das liegt nicht etwa daran, dass die Menschen genug von den trägen, kalorienreichen Feiertagen haben, vielleicht auch das, sondern dass sie die hervorragende Gelegenheit des Jahreswechsels beim Schopfe gepackt haben, um ein neues Leben zu beginnen oder zumindest ein neues Vorhaben in Angriff zu nehmen. Und was hat man sich nicht alles vorgenommen: Man wird sich gesünder ernähren und abnehmen, Süßigkeiten meiden. Man wird mehr Sport treiben. Man wird häufiger ins Theater gehen, mehr lesen und es endlich ernst mit dem lebenslangen Lernen nehmen und eine neue Sprache lernen. Man wird sich mehr Zeit für die Familie, die Freunde gönnen etc. pp.
Sind diese Vorsätze auch noch so unterschiedlich, gemeinsam ist allen, dass ihr Anfang leicht ist, wie ein anderes Sprichwort besagt, und nicht schwer. Denn selbstverständlich wird am 2. Januar um 6 Uhr aufgestanden. Selbstverständlich wird erst einmal eine eiskalte Dusche genommen. Selbstverständlich joggt man nicht nur vom Kurfürstlichen Schloss bis zur Eisenbahnbrücke, sondern macht die berühmte Drei-Bücken-Tour und eine Umrundung von Stadt- und Volkspark gleich mit.
Ab dem 6. Januar gestattet man sich hin und wieder aber doch Dispens, indem man etwa eine Stunde länger schläft, weil man die Tage vorher doch so sportlich war. Oder man gönnt sich ein Frühstückshörnchen, weil es ja nicht unbedingt zu den Süßigkeiten zu zählen ist und weil man die Vorsätze bisher so vorbildlich eingehalten hat. Bald ist es wie bei einem porösen Luftballon, aus dem allmählich die Luft entweicht.
Was soll man nun glauben? Ist aller Anfang schwer oder leicht? Es scheint beides zu stimmen. Im Leben stimmen von zwei sich widersprechenden Weisheiten immer beide. Das macht es so entsetzlich kompliziert; zu kompliziert für den gesunden Menschenverstand. Machen wir es uns leichter, ziehen wir uns wie Münchhausen am eigenen Schopf aus dem Sumpf und fangen ein neues Leben an …

Silvester-Voodoo


Halten Sie sich für ein vernunftbegabtes Wesen? - Ja?! - Aber warum huldigen Sie dann auf Schritt und Tritt dem Aberglauben? Kaum ein Tag vergeht, an dem wir nicht mit abergläubischen Symbolen und Ritualen herumhantieren. So wünschen wir anderen ein gutes Gelingen und wollen gleichzeitig verhindern, dass Böses geschieht, indem wir etwa »die Daumen drücken«. Oder wir achten darauf, dass sich die Hände beim Händeschütteln niemals überkreuzen. Die Liste ist lang. Gewiss, wir gebrauchen diese – sagen wir mal – magischen Praktiken nicht immer ganz bewusst, sehr oft aber ohne ihren ursprünglichen Sinn zu kennen.
Ganz besonders wird dies um den Jahreswechsel deutlich. Wer weiß denn schon, warum wir in der Silvesternacht ein Feuerwerk aufsteigen lassen? Weil’s schön ist, wird man sagen. Oder um das neue Jahr mit etwas Buntem und Prächtigem einzuläuten. – Nicht ganz.
Den Sagen und Legenden nach treibt in den Raunächten zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag ein Geister- oder Gespensterheer sein Unwesen. Deshalb haben die Menschen sich etwas einfallen lassen, um diesen Gefahren zu begegnen und ihr Glück zu sichern. So darf man in dieser Zeit keine Wäsche auf der Leine haben, worin sich die Geister bei ihrem Ritt durch die Lüfte verfangen können, um Unheil über die Menschen zu bringen. – Gottlob gibt es mittlerweile Trockner! – Auf diesen Dämonenglauben gehen dann auch die Böller in der Silvesternacht zurück, weil man glaubte, die Geister durch Lärm und Krach vertreiben zu können. Das gilt übrigens auch für das Gläserklirren in den ersten Sekunden des neuen Jahres. In dieser Nacht verfügen auch wir Menschen über ganz besondere Gaben: Nur jetzt können wir hinter den Vorhang blicken, um Verborgenes zu enträtseln und Zukünftiges zu enthüllen. Da wird orakelt und gependelt. Besonders beliebt ist das Bleigießen. Und nicht zuletzt die Silvester- und Neujahrswünsche. Als ob man zaubern könnte. Hierzu gehören auch die zum Jahreswechsel üblichen Verhaltensrituale: Wer an Silvester rote Unterwäsche trägt, hat im folgenden Jahr ein ausgefülltes Liebesleben. Wer Reiskörner in den Geldbeutel streut, bekommt Geld. Die Beispiele lassen sich fortführen.
Ist das alles Hokuspokus? - Nein, nicht unbedingt! Denn bei diesen Praktiken handelt es sich meist um nichts anders als Varianten einer sich selbsterfüllenden Prophezeiung. Die mit den Abwehr- und Verhaltensritualen verbundenen Wünsche und die Orakel erfüllen sich nur deshalb, weil sich diejenigen, denen sie gelten, meist unbewusst, so verhalten, dass sie sich erfüllen müssen. Der Glaube kann Berge versetzen. 
In diesem Sinne: Versenden Sie diese Glücks-Kolumne innerhalb der nächsten 3 Stunden an mindestens 10 Personen. Dann wird Ihnen das Glück im kommenden Jahr ganz sicher hold sein.

Schöne Bescherung!

Wem ist der Mensch, der keine Wünsche äußert, der keine Liebhabereien, keine Schwächen hat und der rein gar nichts hübsch und schick oder begehrenswert findet, derzeit kein Dorn im Auge? Denn der Geschenkmuffel, wie man ihn auch nennt, kann jedes Weihnachtsfest verderben. Man könnte weinen, wenn man sieht, wie viele Freuden er im Keim erstickt, wie er aus der Bescherung, die heiter, festlich und übermütig sein sollte, so oft etwas Peinliches und Gequältes macht.
Dabei beachtet niemand, dass er im süßen Spiel, das der Schenkende mit ihm spielen will, eine bei weitem undankbarere Rolle einnehmen muss. Denn wenn er das glatte, rätselhafte, wohlverschnürte Paket in die Hand gedrückt bekommt, fühlt er sich nicht  geschmeichelt und geliebt, sondern in irgendeinem Winkel seines Herzens leicht gedemütigt. - Er hat sich etwas schenken lassen! 
Gewiss, in jedem von uns liegt irgendwo etwas auf der Lauer, was sich gegen das Beschenktwerden heimlich wehrt; deswegen beantworten wir ja jedes Geschenk meist mit einem Gegengeschenk. 
Beim Geschenkmuffel ist dieses Gefühl jedoch viel ausgeprägter. Er spürt eine uneingestandene Reserve, ein leise gekränktes Misstrauen, eine Scheu davor, verpflichtet zu werden, eine Angst vor Dankbarkeit. 
Wenn er aber, wie mancher seiner Artgenossen, das Geschenk jetzt nicht unausgepackt zur Seite legt, sondern es zu entblättern beginnt, dann hat er bereits die erste Hürde genommen. Er lässt sich Zeit. Packt langsam aus... Ach, könnte er jetzt die Andeutungen und Anspielungen, verstehen, die mit dem Geschenk verbunden sind, und erfassen, worauf der andere hinauswill! 
Es erfordert großes schauspielerisches Talent bei all der Rätselhaftigkeit nun adäquat zu reagieren. Meist lächelt er, wie lang auch immer, um zu überspielen, dass er nichts mit dem Geschenk anzufangen weiß. Es folgen Sätze wie »Aber das kann ich gar nicht annehmen!« oder »Das wäre doch nicht nötig gewesen!« Manchmal heuchelt er auch Begeisterung vor, so als ob er den Sinn des Geschenks verstünde. Doch diese Begeisterung wird sofort entlarvt, wie die gespielte Freude in den unseligen Castingshows, wenn die ausscheidenden Kandidaten mit unterschwellig säuerlicher Miene die Ärmchen recken und in die Patschehändchen schlagen, weil nicht sie, sondern die anderen eine Runde weitergekommen sind.  
»Freust du dich wirklich?«, hört man den Schenkenden dann immer wieder fragen. - »Eine schöne Bescherung!«, könnte man dann antworten.
Eine Reminiszenz an Stefan Haffner

An den Haaren herbeigezogen

Es ist wirklich kein Geheimnis mehr, dass Kreativität für Innovation und Wettbewerbsfähigkeit unerlässlich ist. Doch was ist Kreativität anderes als eine Worthülse, in die jeder das hineinpackt, was ihm genehm ist? Die Psychologie tut sich mit der Erforschung der Kreativität jedenfalls schwer, zumal sie nicht leicht messbar ist. Wie aber will man sie dann fördern? Und wie ist es um die Kreativität in einer Stadt wie Mainz bestellt? Darauf geben Städterankings keine Antwort.
Man könnte alle Ausstellungen, Konzerte, kurz alle kulturellen Veranstaltungen und die in Mainz agierenden Künstler zusammenfassen auf die Einwohnerzahl umrechnen und das Ergebnis mit anderen Städten vergleichen. Dann hätte man zwar ein mathematisches Abbild des kulturellen Lebens, nicht aber der städtischen Kreativität.
Wie aber wäre es, die Kreativität dort zu packen, wo sie heutzutage die meisten Menschen am Werk zu sehen glauben, dort, wo Originalität mehr gefragt ist als anderswo: bei der Namensgebung? Schon Kindernamen sind zu einem Element elterlicher Selbstverwirklichung geworden, die nur noch an den Türen der deutschen Standesämter gestoppt werden kann, um zu vermeiden, dass Kinder Muffin, Riesling oder Ikea genannt werden.
Eine Möglichkeit bieten die Namen von Gewerbeneugründungen. In Mainz überwiegen, bis auf einige Ausnahmen wie »Was Ihr WOLLt« für ein Wollegeschäft oder »ergo sum« für ein Computerladen, Kombinationen aus Branchen- und Familienname wie »Knußmann-Öl« oder »Schweikert Bürosysteme«. Alles nicht besonders kreativ.
Größten Ehrgeiz bei der Namensgebung entfalten die Friseure. Und so lässt sich in Mainz sogleich ein Friseursalon namens »Creative« finden. Nomen est Omen, möchte man da sagen. Auch einen mit Namen »Modern Art«. Ein klarer Bezug! Manche geben sich bodenständig wie der »Friseursalon Wuschelkopf«, andere verweisen auf gesellschaftliche Trends wie »Ankes Haarmobil«. Viele aber lechzen nach Internationalität. So spiegeln Namen wie »Arens intercoiffeur« oder »La Paillote« den französischen Chic der Haute Coiffure wider. Dominierend sind anglofone Namen wie »Hair Control«, »In Cut« oder »Elegance Style«. Raum für Wortspielereien bieten Komposita wie »Haarscharf«, »Haarspalterei«, »Haarkiller«, aber auch »Fön-X« und »Haarmonie«.
Alles in allem sind die Mainzer Friseure hier recht kreativ. Im Vergleich mit anderen Städten belegen sie aber eher das Mittelfeld. Bei Namen wie »Hin & Hair«, »Scher-Holder« oder »Kaiserschnitt - Wir holen das Beste aus Ihnen heraus« können sie einfach noch nicht mithalten. Gilt das auch für die Kreativität in Mainz? Falls ja, dann müssen sich die Damen und Herren Stylisten noch etwas anstrengen, damit Mainz auch hier bald an der Spitze steht. 

Die Rückkehr der Teletubbies

Es gibt doch immer noch Menschen, die bezweifeln, dass das Fernsehen die persönliche Entwicklung beeinträchtigen oder gefährden kann. Dabei liegt das doch eigentlich auf der Hand. Nehmen wir zum Beispiel die so harmlos erscheinende Kinderserie »Die Teletubbies«, die in Deutschland schon im Jahre 1999 auf Sendung gingen. Wer kennt sie nicht, diese grellbunten, pummeligen Filzwesen mit verschieden geformten Antennen auf dem Kopf und einem aufgemalten Bildschirm auf dem Bauch, die sich mit »Ah-Oh« begrüßen und in einer hasenbestückten Landschaft widersinnig agieren?
Berühmt geworden sind sie mit ihrer rudimentären Sprache und ihrem stumpfsinnigen Tubby-Winke-Winke, das man bald überall in jedem Kindergarten und auf jedem Kinderfest bis zur Genüge erleben durfte. Die Kinder, die damals den Beginn der Serie mitverfolgten, scheinen mittlerweile erwachsen geworden zu sein. Denn in jeder Stadt, auch in Mainz, sieht man sie jetzt immer häufiger auf öffentlichen und halböffentlichen Plätzen, wie sie ihre kindlichen Vorbilder mit aberwitzigen Verrenkungen etwa einem drei- oder vierminütigen Winke-Winke oder einem ebenso langen blödsinnigen Auf-einem-Bein-im-Kreis-Herumhüpfen nachzuahmen versuchen. Dabei wird als Ersatz für die Antennen am Kopf heftig gefilmt und fotografiert, falls keine Webcam in der Nähe ist, damit man ihre Heldentaten später im Internet sehen kann. Sie kommen scheinbar spontan aus dem Nichts wie jüngst zu einer Konfetti-Kissenschlacht am Karmeliterplatz oder an Karfreitag zu einem wilden, viertelstündigen tonlosen Teletubbie-Getanze vor dem Hauptbahnhof, bei dem sich der Zuschauer an die mittelalterliche Tanzwut infolge der Pest erinnert fühlen musste. Aber in Wirklichkeit ist alles über Webblogs, Newsgroups, SMS oder E-Mail-Kettenbriefe bis ins Kleinste organisiert. Teilnehmer sind meist 20 bis 30 junge Erwachsene, denen man wirklich Haare auf den Zähnen wünscht. Sobald eine Trillerpfeife oder etwas Ähnliches ertönt geht es los.
Flashmob nennen sie diese Veranstaltungen, nicht zu verwechseln mit einem Wort ganz ähnlicher Aussprache, dem Wischmopp. Während letzterer eine fest umschriebene Funktion erfüllt, hat erstere überhaupt keine, außer vielleicht Befremden und Kopfschütteln bei den Passanten auszulösen. Manche behaupten sogar, ein Flashmob diene der Illustration des Absurden. - Als ob wir so etwas noch bedürften! Man denke an die Absurdität der Finanzkrise oder das sechsmalige sinnlose Jacket-Auf-und-Zu-Geknöpfe einiger Bundesminister binnen eines zwanzigsekündigen Sendebeitrages in der Tagesschau als einzige Reaktion auf die Krise.

Das Parkhausparadox


Als Bundes- und Landespolitiker hat man es wahrlich nicht leicht. Nicht umsonst kommt es in jüngster Zeit immer wieder zur Politikflucht. Aber gilt das auch für die Lokalpolitik? - Stellen Sie sich vor, Sie allein dürften für einen Tag die Geschicke der Stadt Mainz lenken, und just an diesem Tag stünde die Entscheidung an, ob die Parkgebühren im gesamten Stadtgebiet um fünf Prozent erhöht werden sollen. Nichts einfacher als das, denken Sie, denn als Autofahrer sind Sie natürlich von Natur aus dagegen. Sie aber sollen Ihr persönliches Interesse zurückstellen und auch jede Form der in solchen Fällen üblichen Günstlingswirtschaft. Sie wissen also nichts vom hintergründigen Macht- und Ämtergeschacher und sind in Ihrer Entscheidung ganz auf das Gemeinwohl gerichtet.
Also überlegen Sie: Wenn Sie die Parkgebühren nicht erhöhen, können Sie die teuren Parkhaus-Neubauten der letzten Jahre nicht abbezahlen und müssen sie entweder veräußern oder die dafür aufgewendeten Kredite umschulden. Wie Sie aber aus eigener Erfahrung wissen, macht eine Verteuerung des Parkens die Mainzer Innenstadt unattraktiv. Denn wer nimmt schon die aus den Parkgebühren entstehenden Mehrkosten in Kauf, wenn er sie anderswo etwa auf der »Grünen Wiese« vor der Stadt umgehen kann? Über kurz oder lang bleiben also die Käufer aus, die Innenstadt verödet, was sich selbstverständlich auch auf die Parkhäuser auswirkt. Die können sich nämlich nicht mehr amortisieren. Sie sehen sich also vor ein ausgewachsenes Dilemma gestellt. Denn für was Sie sich auch entscheiden, beide Wahlmöglichkeiten führen zu ein und demselben unerwünschten Resultat und damit wieder zur Ausgangssituation zurück. Spätestens jetzt hätten auch Sie gute Lust, das Handtuch zu schmeißen und die Lokalpolitiker die Suppe auslöffeln zu lassen, die sie sich selbst eingebrockt haben. Doch Sie halten inne. Vielleicht existiert ja noch eine weitere Entscheidungsmöglichkeit, fern der alten Denkmuster? Sie sind kühn und gehen am eigentlichen Problem vorbei: Wie wäre es beispielsweise, den öffentlichen Nahverkehr zum Nulltarif einzurichten? Die Nutzung von Bus und Straßenbahn wäre dann frei wie in der belgischen Stadt Hasselt. Wie dort würden dann vielleicht auch bis zu 40 Prozent mehr Menschen nach Mainz kommen und wie dort die Umsätze des Einzelhandels steigen. Aus den Gewerbesteuereinnahmen könnte man dann die Parkhäuser abbezahlen und zu Kulturstätten umfunktionieren. Sie beginnen zu träumen. Aber halt, wenn es jede Stadt so machen würde? Was geschieht dann mit der Automobilindustrie, den Arbeitsplätzen, der Kaufkraft… und schließlich mit den Krediten für die Parkhäuser?

Lanzenreiter und Schwertträger

Die persönlich Wahrnehmung ist trügerisch. Leider wird sie allzu häufig für wahr gehalten und dazu benutzt, die Welt zu beurteilen. Was wiederum der persönlichen Bestätigung dient. Man kennt das von Wahlabenden, wo politische Niederlagen zu beachtlichen Erfolgen umgedeutet werden. Beinahe umgekehrt ist es in der Wirtschaft: Hier werden Erfolge oftmals kleingeredet oder gar als Niederlagen umgemünzt, um mögliche Gewinne bloß nicht mit anderen teilen zu müssen.
Aber davon soll hier nicht die Rede sein. Sprechen wir aus gegebenem Anlass über die Wahrnehmung des Herbstwetters. Das wird nämlich meist als besonders regnerisch wahrgenommen, obwohl es im Vergleich mit dem Sommerwetter als regenarm einzustufen ist. Warum ist das so? Sicher liegt das in der Natur des Herbstes selbst, den abnehmenden Tagen und den sinkenden Temperaturen. Im Herbst ist der Regen einfach unangenehmer und kälter als im Sommer. Außerdem verdunkelt er die Tage noch zusätzlich. Ein Regen um fünf und der Tag vorbei. Das schlägt aufs Gemüt.
Ein anderer aber nicht minderwertigerer Grund ist das plötzlich gehäufte Auftauchen von Regenschirmen. Das klingt jetzt komisch, aber wie bei so vielem, was komisch klingt, verbergen sich dahinter oft bittere Tragödien, die bleibende Eindrücke hinterlassen. Wie alle Dinge, die dem technischen Menschengeist entstammen, hat auch der Regenschirm zwei Seiten. Sein Vorteil liegt auf der Hand. Und sein Nachteil? Die meisten Regenschirmträger sind sich nicht bewusst, dass sich mit dem Regenschirm auch ihr Aktionsradius erheblich erweitert. Ihr Körpergefühl kommt dem nicht nach. So wird das transportable Regendach alsbald zur gefährlichen Waffe. Wer hat denn noch keine Regenschirmspeichen im Gesicht gehabt? Solange es regnet, beschränkt sich die Gefahr auf mögliche Kratz- oder Risswunden im Kopf- und Brustbereich. Gemeingefährlich aber wird es erst in einer Regenpause. Dann werden die Schirmträger nicht selten zu Lanzenreitern und Schwertträgern. Es zerreißt einem manchmal das Herz, wenn man sieht, wie viele Hieb- und Stichverletzungen sie mit ihren Regenschirmen verursachen. Besonders gefährlich wird es beim teleskopierbaren Taschenschirm und seiner Duomatik, mit der man per Knopfdruck schwalbenschnell den Schirm öffnet und auch wieder schließt. Das kann beim Nebenmann ins Auge gehen.
Angesichts dieser Gefährdungen ist man leicht geneigt, einen Regenführerschein zu fordern. Der hätte darüber hinaus noch den Vorteil, dass der Herbst nicht mehr mit Regen, sondern mit seinen goldenen Tagen und der Farbenvielfalt gleichgesetzt wird. Übrigens sollte das mit dem Führerschein auch für Rucksäcke gelten, aber das ist ein anderes Thema.

Die Versorgungslücke

Man lernt doch wirklich nie aus! Da lebt man jahrelang im schönen Mainz und glaubt zu wissen, an was es der Stadt mangelt, an Kultur, an Geld, an Kaufkraft der Bürger … Doch dann wird einem von den Stadtvätern unverhofft erklärt, dass es in Mainz auch einen Mangel an Möbelhäusern gebe, dass also eine echte Versorgungslücke im Einrichtungsbereich bestehe.
Hätten Sie das gewusst? - Nein!? Nun, das braucht Sie jetzt auch nicht mehr zu bekümmern, denn diese Lücke wird demnächst geschlossen. Gott sei Dank, wird man da jetzt sagen, bevor noch Schlimmeres geschieht. Ein Dank gebührt natürlich auch unseren Stadtvätern, die in weiser Voraussicht und vorauseilender Fürsorge diese Versorgungslücke mit der Ansiedlung des Möbelhauses Martin vor den Türen der Stadt gestopft haben. - Wobei von einer Lücke eigentlich gar keine Rede sein kann, wenn man an die Ausmaße denkt, die das neue Möbelhaus einnehmen soll, sondern von einem riesigen Versorgungs-Schlund, der sich über die Jahre gebildet haben muss. – Dass man das nicht früher bemerkt hat? – Mit einem Areal von 45.000 qm – das entspricht etwa 9 Fußballfeldern bzw. mehr als zwei Drittel der Verkaufsfläche der Innenstadt – soll das Möbelhaus Martin sogar Ikea in Wallau oder Mann Mobilia in Eschborn übertrumpfen. Ein gigantisches Projekt, das an den Turmbau von Babel erinnert. Nur wer Großes denkt, kommt hoch hinaus.
Was aber geschieht bei einer solcher Gigantomanie denn dann mit dem Einzelhandel in der Innenstadt, fragt man sich, wenn man sich frei nach dem berühmten Spruch des Lehrers Bömmel in der Feuerzangenbowle »ma janz dumm stellt«? Blutet die Innenstadt denn dann nicht aus? Werden die Käuferströme denn dann nicht abgezogen, was zur Qualitätsabnahme des innenstädtischen Warenangebots führt? Schon jetzt eröffnen vor allem Billigshops und - ketten ihre Filialen in der Innenstadt dicht an dicht. Ein Teufelskreis.
»Aber nein!«, erhält man dann von den Stadtvätern zur Antwort. »Es gibt nichts Besseres als Konkurrenz. Den gegen Mainz und den eigenen Einzelhandel gerichteten Wettbewerb nehmen wir auf.« Na, wenn das so ist! Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Denn dieser Schlachtruf erinnert doch ein bisschen an das trojanische Pferd, wenn man bedenkt, dass man sich die Konkurrenz selbst ins Haus holt. Das Ende ist bekannt.
Aber lehnen wir uns zurück. Denn mit dem Möbelhaus soll, so sagen die Stadtväter, auch dem seit Jahren nachgewiesenen Kaufkraftverlust begegnet werden. Auch hier hat man wieder etwas Neues dazu gelernt, denn bislang dachte man, dass der Kaufkraftverlust aus dem Rückgang der privaten Einkommen resultiere und dass man dem Rückgang der Kaufkraft folglich nur durch eine Einkommenssteigerung begegnen könne. Aber weit gefehlt. Also brauchen wir nur genug Möbelhäuser vor Mainz zu bauen und alles wird gut!

Die Frauen sind schuld




Jüngst wurde ich in einem Interview gefragt, was ich von der Frauenquote halte. Es ging um Frauenfeindlichkeit, die in meinem neuen Romanprojekt eine große Rolle spielt. Kalt erwischt, dachte ich, antwortete aber trotzdem, ohne zu überlegen und sehr überzeugt: »Die Frauenquote unterstütze ich natürlich vorbehaltlos.« In Wahrheit hatte ich mich mit diesem Thema zuvor noch nie beschäftigt, noch nicht einmal annäherungsweise. Ich hatte die Frauenquote einfach so hingenommen wie das Zähneputzen. Schließlich gehört sie zu meiner Sozialisation. Und wie es der Zufall so will – natürlich war es kein Zufall, sondern eine Form der selektiven Wahrnehmung –, stieß ich in der Folgezeit immer wieder darauf: Sei es, dass man sie gerade zum Einzug in den Mainzer Stadtvorstand bemüht, sei es, dass man damit den Unternehmen droht, den Frauenanteil in den Vorständen und Aufsichtsräten zu erhöhen... Die stärkste Unterstützung findet die Quote derzeit bei den Ökonomen, die die Frauen angesichts der niedrigen Geburtenrate als brachliegende wirtschaftliche Ressource betrachten. Und oh Wunder! Plötzlich heißt es im typischen Betriebswirtschaftsdeutsch: »Frauen bereichern das Management enorm. Sie bringen Komplementärkompetenzen mit ein, gehen an komplexe Aufgaben anders heran als Männer, finden andere oft nachhaltigere Lösungen, sie führen teilweise sogar besser als Männer, weil sie die höhere Sozialkompetenz mitbringen.« Kurzum: Die Wirtschaft könne es sich nicht leisten, auf weibliche Arbeitskräfte – ganz gleich auf welcher Ebene – zu verzichten.

Die Akzeptanz einiger weniger Wirtschaftsfachleute kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass kein anderes Thema ideologisch so aufgeladen ist und so heiß und kontrovers diskutiert wird wie die Quote. Befürworter und Gegner werfen sich oft genug einfach vor, dass es der jeweiligen Gegenpartei allein um Machterhaltung bzw. - eroberung geht. Die Auseinandersetzungen strotzen vor Vorurteilen und Generalisierungen. Warum eigentlich?
Wenn man es recht besieht, liegt der Frauenquote eine Art Verschwörungstheorie zugrunde, die besagt, dass mysteriöse Männerbünde oder ganz allgemein der Mann die Frau am Aufstieg hindere, dass er »gläserne Decken« in Karrierewege einbaue, und dass er sie in überkommene Rollenmuster zwänge. Demnach ist die Frau Opfer und der Mann Täter. Unzulässige Verallgemeinerungen, die jeglicher Erfahrung widersprechen. Dass es auch männliche Opfer gibt, dass eigentlich alle Menschen Produkte ihrer Sozialisation und der gesellschaftlichen Entwicklung sind, bleibt unerwähnt.
Es steht wohl außer Frage, dass Frauen in der Vergangenheit – milde ausgedrückt – nicht gleichberechtigt behandelt worden sind, und dass unsere Gesellschaft auch heute noch von dieser Ungleichbehandlung geprägt ist. Frauen erhalten noch immer für die gleiche Arbeit weniger Lohn als Männer. Sie sind auf Chefsesseln selten anzutreffen, gelangen nur schwer in Positionen mit Prestige und Einfluss, verlieren aber um so leichter ihren Arbeitsplatz.
Diese Benachteiligung passt schlecht zu der vom Grundgesetz verfügten Gleichberechtigung. Aber kann man sie durch Vorschriften wie die Frauenquote ergänzen, die die Bevorzugung von Frauen befiehlt, um deren bisherige Benachteiligungen auszugleichen? Bedeutet Quotierung denn nicht die Bevorzugung einer Gruppe zum Nachteil der anderen? Sie ist der Teil von jener Kraft, die stets das Gute will und doch das Böse schafft, könnte man in Anlehnung an Goethes Faust sagen. Denn sobald eine Frau wegen ihres Geschlechts einem Mitbewerber vorgezogen wird, wird der Mann wegen seines Geschlechts diskriminiert. Es gibt keine Bevorzugung des einen ohne die Zurücksetzung des anderen.
Kein Wunder also, dass die Männer dies nicht klaglos hinnehmen und das Messer wetzen. Was man da nicht alles zu hören bekommt! Vereinfachungen und Unwahrheiten! So sei die Frauenquote schuld, dass Jungen in der Schule schlechter abschneiden als Mädchen und diese häufig ohne oder mit einem schlechten Abschluss verlassen, sie sei schuld an der höheren Selbstmordrate der Männer, ihrer kürzeren Lebenserwartung, ihrer schlechteren medizinischen Versorgung und ihrer Dominanz unter den Obdachlosen…
Letztendlich bin ich nach der Auseinandersetzung mit der Quote so schlau wie zuvor. Vielleicht ist dem Übel nicht anders beizukommen? Eins aber habe ich gelernt, Männlein und Weiblein sind sich nach jahrtausendelangem Zusammenleben immer noch fremd. Ob das auch für den Einzelnen gilt? Nach fünfzig Ehejahren? Herzlichen Glückwunsch Mama und Papa!

Die Bretter, die die Welt bedeuten


»Brauchen wir eigentlich noch ein Theater?«, ist eine Frage, die in Zeiten knapper Kassen immer häufiger gestellt wird, meist von Menschen, die es noch niemals von innen gesehen haben, – sei es, dass sie sich nicht für das Theater interessieren oder sich vor dem Fernseher besser aufgehoben fühlen. Diese Frage wird aber auch von Menschen gestellt, die das Theater lieben, für die es aber zur Bedürfnisanstalt pensionierter Studienräte verkommen und im kulturellen Leben der Stadt nicht ausreichend verankert ist. Für Menschen also, die »die Bretter, die die Welt bedeuten«, längst anderswo gefunden haben, etwa in der freien Szene, wo sich Mainzer Regisseure, Mainzer Schauspieler und Mainzer Autoren zusammenfinden, um mit wenig Geld recht passable Projekte auf die Beine zustellen.
Dem Wunsch der zweiten Kritikergruppe nach stärkerer Einbindung des Theaters in das kulturelle Leben der Stadt versucht gerade ein gewagtes titelloses Theaterexperiment, ein Verwirrspiel, wenn man so will, nachzukommen, das sich in seiner postmodernen Ausrichtung an keine feststehenden historischen Formen halten will. – Dennoch fühlt man sich streckenweise an die Fastnachtsspiele eines Hans Sachs oder an Schwänke wie »Die Schildbürger« erinnert. – Aufführungszeiten und –orte dieses sich als Fortsetzungsgeschichte präsentierenden Experiments sind beliebig, nur die beiden Hauptfiguren stehen fest, der Oberbürgermeister und der Theatervereinsvorsitzende, beide glänzend gespielt von den Mainzern Jens Beutel und Wolfgang Litzenburger. Beide Darsteller füllen übrigens auch im wirklichen Leben diese Ämter aus. Und da beginnt auch schon das Verwirrspiel um Schein und Wirklichkeit. Im Mittelpunkt steht, wie bei jedem guten Stück, auch wenn es sich postmodern schilt, ein ausgewachsener Konflikt, der den einen als Verweigerer und den anderen als beleidigte Leberwurst dastehen lässt. Dabei geht es, wie es scheint, um nichts Geringeres als die Möblierung des Theaterfoyers, für die der Vereinsvorsitzende aus Vereinsmitteln eine erkleckliche Summe bereitstellen möchte, die der Oberbürgermeister aber mit dem Hinweis auf den Brandschutz ablehnt. Oder ist es doch ganz anders?
Die Handlung ist ebenso verwirrend wie fesselnd. Sie scheint für etwas anders zu stehen, etwas, das man vielleicht als Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom bezeichnen könnte. Oder geht es vielleicht doch nur wieder um die schnöde Macht? Denn der Vereinsvorsitzende ist in Personalunion auch der Ehemann der politischen Herausforderin des Bürgermeisters. Das Ende ist offen und das Mainzer Publikum gespannt.

Die Stolperschwelle

Machen Sie sich einmal den Spaß und starten Sie in Ihrem Freundes- und Bekanntenkreis eine kleine Umfrage, indem Sie die so abwegige wie ungewöhnliche Frage stellen: »Warst Du schon einmal im Mainzer Dom?« Eingestanden, für einen Mainzer ist das eine unerhörte Frage. Aber so unerhört, wie sie erscheint, ist sie gar nicht. Denn zu ihrer Verwunderung werden Sie feststellen müssen, dass viele Mainzer noch nie in ihrem Leben dort waren. Das Gleiche gilt für das Gutenberg Museum oder die Kunsthalle. Viele Mainzer scheinen ihre eigenen Stadt nicht zu kennen. Wer war denn schon einmal in der pittoreske Pankratiusstraße? Oder dem Containerhafen? Wer hat denn schon die nördliche Eisenbahnbrücke überquert? Hand aufs Herz! - Ich auch nicht. Wie bei vielen anderen Menschen, so ist auch mein Blick in die Ferne gerichtet: nach Paris, London oder Timbuktu. Die eigene Stadt ist und bleibt einem fremd.
Schwärme von aktenköfferchentragenden und powerpointbewehrten Beratern sind schon seit Jahren in allen Bereichen der Wirtschaft und Verwaltung unterwegs, um aus Effizienzgründen gegen die sogenannte Betriebsblindheit also gegen verfestigte Denk- und Handlungsgewohnheiten anzukämpfen. Anders ausgedrückt: Sie versuchen die Menschen aus ihrem Gleichgewicht zu bringen, obwohl diese alles dafür tun, um es zu bewahren, oder, falls sie es für verloren glauben, wieder zu finden. Wie sonst ist die Inflation des neudeutschen Wortes »Balance« auf Feuchtigkeitscrémes und Bodylotions, Kautabletten und Laufschuhen, selbst Kaugummis und Frischkäse zu verstehen? Ja, es gibt sogar schon die Original »Balance-Pizza«.
Aber zurück zu Mainz: Angesichts der eigenen Stadtblindheit wünscht man sich jemanden wie diese Berater oder irgendetwas anderes, das einen beim Einkauf aus dem gewohnten Trott reißt, das einen nur leicht aus dem Gleichgewicht bringt. So etwas wie eine Stolperschwelle mit der Aufschrift »Achtung Dom, bitte eintreten!«, die in der Höhe so eingerichtet ist, dass man nicht fällt, sondern stolpert. Das wäre aber eine rabiate Methode, die man ruhig den Unternehmensberatern überlassen kann. Man könnte aber auch einen Kunstgriff anwenden, indem man einfach einmal seine Rolle als Mainzer Bürger ablegt und in die eines Touristen schlüpft, mit Übernachtung in einem Mainzer Hotel. Oder man lädt sich Freunde von außerhalb ein, mit denen man Mainz erkundet. Oder man schnallt sich beim nächsten Einkauf einen Campingstuhl auf den Rücken, den man je nach Bedarf aufklappt. Noch besser aber wäre ein rotes Sofa, wenn man zu zweit ist. Ganz sicher erscheint Mainz dann in einem anderen Licht.  

Hase und Igel


Man hat Zeit - gewiss ein sehr rares Gut - und schlendert ganz gemütlich und ohne Ziel durch die Einkaufsstraßen unserer Stadt, als habe man gerade die Langsamkeit entdeckt. Um einen herum nichts anderes als hektische Betriebsamkeit. Alles hechte und hetzt von Geschäft zu Geschäft, von Termin zu Termin oder gerade dem Bus hinterher. Besonders augenfällig in all dem Gehetze sind die Menschen, die an einem Papierkaffeebecher mit einem kleinen Loch im Plastikdeckel nuckelnd durch die Gegend rennen, als hätten sämtliche Mainzer Cafés geschlossen. Coffee-to-go nennt man dieses nicht mehr ganz so neuartige Phänomen, worüber in letzter Zeit so viel berichtet wird. Kein anderes Alltagsding, wie dieser Papierkaffeebecher, so heißt es, symbolisiere die Widersprüche des modernen Menschen besser. Denn er stehe für das Verlangen nach Muße, befriedigt im Vorüberhasten, kurzum für unser Verhältnis zur Zeit. Zeit, so lautet die Devise, muss gespart werden, aber auf eine sanfte und entspannende Art, wie beim Coffee-to-go, also, um das Ding beim Namen zu nennen, wie beim aushäusigen Kaffeetrinken aus schnöden Pappbechern. Doch wer Zeit spart, müsste doch, so fragt man sich zwischen all den Kaffee schlürfenden Unrasten (ein altertümlicher, aber doch so treffender Begriff für den ruhelosen und getriebenen Menschen), bestimmte Rücklagen gebildet haben, müsste also an anderer Stelle über genügend Zeit verfügen? Was machen diese Unraste eigentlich, so fragt man sich weiter, mit der aufwändig eingesparten Zeit? Die Frage lässt sich für einen Flaneur und guten Beobachter leicht beantworten: Sie setzen sie ein, um noch mehr Zeit zu sparen. Daher müssen die Autos schneller fahren, die Schweine und Hühner schneller wachsen … Und der Mensch? Er muss immer jünger, aktiver, flexibler und natürlich auch schneller werden. Die Unraste sparen also nicht, um mehr, sondern um noch weniger Zeit zu haben. Es ist wie bei der Fabel vom Hase und Igel. Sie laufen und laufen holen die Zeit niemals ein.
Als Flaneur kann man jetzt den Kopf selbstgerecht lächelnd leicht zur Seite neigen und jedem Passanten, der es wissen will, am eigenen Beispiel demonstrieren, wie einfach es doch ist, sich Zeit zu nehmen. Denn man muss sie sich nur stehlen. Nicht umsonst wird der Flaneur auch Tagedieb genannt. Und weil man diese Weisheit über möglichst viele Passanten ausstreuen möchte, promeniert man nicht zum nächsten Restaurant, sondern zum Brezelstand. - Brezel-to-go, könnte man jetzt sagen. Einszweidrei, im Sauseschritt läuft die Zeit; wir alle laufen mit. 

Rot-Weiß


Wer kennt sie nicht, Alltagssituationen, wie diese: Man kommt gerade die Tür herein, natürlich vollbepackt wie ein Esel, und hört das Telefon schrillen? Was tun?, fragt man sich, aber nicht besonders lange, denn schon liegen die Tüten und Taschen auf dem Boden. Man stürzt zum Telefon, die Rufnummer ist unterdrückt, nimmt den Hörer aber trotzdem in die Hand und brabbelt seinen Namen hinein.

»Guten Abend. Sind Sie Herr XY?«, säuselte eine weibliche Stimme am anderen Ende der Leitung, als habe man sich soeben nicht als solcher zu erkennen gegeben.
»Ja«, bestätigt man ein zweites Mal seine Existenz, nun aber doch etwas genervt, und fragt, was sie denn von einem wolle.
»Nun«, flötet die Stimme, »ich rufe im Auftrag des Bundesmeinungsforschungs-institutes an.« 
Soso, Bundesmeinungsforschungsinstitut, denkt man, während die Stimme erklärt, dass sie eine Umfrage durchführen wolle. – Für wie bescheuert halten die einen denn? Es geht bestimmt wieder um eine Versicherung, eine Kapitalanlage oder eine Lotterie… »Wären Sie bereit, mir eine kurze Frage zu beantworten.« Man zögert mit der Zustimmung, weil man gerade im Begriff ist, das Gespräch mehr oder weniger freundlich zu beenden, aber schon steht die Frage im Raum; eine ganze andere, als man sie sonst gewohnt ist: »Können Sie mir sagen, welche Farbe Mainz hat?«
Man ist perplex. Welche Farbe? Mainz? So ein Quatsch, denkt man. Eine Stadt hat doch keine Farbe! Und doch, es muss ja so sein, denn man wird ja danach gefragt. Städte unterscheiden sich, manchmal auch fundamental, obwohl sich die Innenstädte eigentlich immer mehr angleichen.
»Rot-Weiß!« antwortet man und denkt dabei an die Stadtfarben, also die Farben der Stadtflagge, und dementsprechend an Mainz05.
»Nein‹«, antwortet die Stimme lapidar.
Erst jetzt merkt man, dass es sich um keine Meinungsumfrage, sondern ein Quiz handelt. Man macht aber trotzdem weiter, um herauszufinden, was hinter all dem steckt. Außerdem denkt man vielleicht gerade an New York: Yellow Cabs, gelbe Zeitungsboxen, gelbes Licht am Chrysler-Gebäude, gelbe Schulbusse, gelbe Straßenschilder. »Schwarz«, sagt man jetzt, meint das aber nicht politisch, sondern denkt an Johannes Gutenberg und die Druckerschwärze.
»Auch da liegen sie falsch«, entgegnet die Stimme. »Sie haben noch eine Chance.«
»Blau-Gelb – die Mainzer Verkehrsbetriebe?«, antwortet man schnell und schiebt noch hinterher: »Sandsteinfarben wie der Mainzer Dom?«
»Nein«, sagte die Stimme, »die Befragung ist leider beendet, wenn Sie wissen wollen, welche Farbe ihre Stadt hat, dann rufen sie folgende kostenpflichtige Rufnummer an …«