Obwohl die Tage kürzer und die Nächte länger und um einiges kälter werden, könnte man dem Herbst im goldenen Mainz so viel Schönes abgewinnen, wenn… ja, wenn da nicht diese befremdlichen Maschinen wären. Sie tragen nichts sagende Namen wie QB 1601SP oder Toro Ultra 53, um nur zwei zu nennen. Die Rede ist von den Laubbläsern und - saugern. Der Männer liebstes Herbstspielzeug. Aber eigentlich geht es gar nicht um diese Maschinen, sondern um die Menschen, die sie bedienen, in diesem Fall also fast ausschließlich Männer. Denn kaum fällt das Laub, und schon stehen sie da, die Männer, breitbeinig und mit gespieltem Gleichmut, allüberall in Mainz, wo es Bäume gibt, die Ohrenschützer auf dem Kopf und das Laubabwehrgeschütz in der Hand, um mit einem Höllenlärm und einer Luftgeschwindigkeit von bis zu 160 Stundenkilometern alles vor sich her zu blasen, was ihnen in die Quere kommt. Kollateralschäden eingeplant: Kleinstlebewesen, die den Boden bewohnen wie Käfer, Spinnen und sogar Amphibien. Alles wird dann zu einem riesigen Laubhaufen aufgetürmt, als ginge es darum, die Saalwette bei »Wetten dass…« zu gewinnen.
Jetzt könnte man sich fragen: Warum wurde der Rechen oder der Besen gegen ein Laubgebläse ausgetauscht, das so viel Krach macht und so viel Ärgernis erregt? Warum wurde die meditative Tätigkeit des Laubrechens durch das martialische Laubblasen- und saugen ersetzt? Ganz sicher um Arbeitszeit und - plätze einzusparen. Diese Erklärung wird derzeit für alles und jedes bemüht. Auch stelle man sich vor, man müsste als Entsorgungskraft der Stadtwerke den ganzen Tag Laub rechen… Gewiss! Aber ist denn diese Erklärung nicht auch etwas zu plakativ? Könnte es sich beim Laubblasen nicht doch um ein ganz anderes Phänomen handeln, etwa einen versteckten Krieg, einen Kampf der Frühaufsteher gegen die noch immer gering geachteten und von einem notorisch schlechten Gewissen geplagten Langschläfer? Denn das Laubgebläse ist meist nur vormittags zu hören. Oder gibt es noch einen anderen Grund, eine tieferen, einen biologischen Grund, der das martialische Verhalten dieser Männer erklärt? Gehen wir doch einmal ins Tierreich. Denken wir an die Brunftzeiten beim Hirschen oder der Stockente. Ihre Balzaktivitäten finden im Herbst statt. Und beim Mann, beim Laub blasenden Mann? Eben auch im Herbst, d. h. verstärkt im Herbst. Denn im Juli und August werden die meisten Kinder geboren, ergo im Herbst die meisten gezeugt. So könnte der herbstlich bedingte Testosteronanstieg beim Mann der nördliche Erdhalbkugel seine Entsprechung letztendlich auch beim Laubblasen finden.
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